Was sind Berstscheiben? – Berstscheiben-Lexikon

Berstscheiben sind Bauteile zur Druckentlastung, die nach dem Ansprechen geöffnet bleiben. Diesem „Nachteil“ gegenüber normalen Sicherheitsventilen stehen viele spezifische Vorteile gegenüber: Berstscheiben können sehr platzsparend und totraumfrei ausgeführt werden. Sie sind sehr gut einsetzbar in heißer und korrosiver Umgebung. Sie können – insbesondere in größeren Serien – sehr preisgünstig und nach Kundenwunsch gefertigt werden. Es sind aber auch Bauteile, die vom Anwender ein besonderes Verständnis erwarten. Die Besonderheiten ergeben sich daraus, dass es Bauteile sind, die auf Versagen konstruiert wurden, und deren Haupteigenschaft – der Berstdruck – nur zerstörend geprüft werden kann.
Um dieses Verständnis zu erleichtern, stellen wir im Folgenden ein kleines „Berstscheiben-Lexikon“ vor:

Berstdruck

Der Druck, bei dem die Berstscheibe öffnet – festgestellt im Berstversuch unter Laborbedingungen. Das Bersten unter reellen Einsatzbedingungen kann aufgrund anderer Temperaturen, Druckanstiegsgeschwindigkeiten oder Wechsellasten vom Berstversuch abweichend verlaufen.

Berstversuch

Entscheidender Qualitätstest einer Berstscheibe: aus einem Fertigungslos gleichzeitig gefertigter Berstscheiben wird eine Auswahl von Prüflingen entnommen und unter kontrollierten Bedingungen zum Bersten gebracht. Wichtig sind die Temperatur, die Druckanstiegsgeschwindigkeit (z.B. innerhalb 1 Minute bis zum Berstdruck) und die Anpresskräfte (bzw. Drehmomente). Die Ergebnisse werden im Zertifikat notiert und gelten für dieses Fertigungslos.

Toleranz

Die Bersttoleranz definiert den Bereich, in dem die im Berstversuch festgestellten Berstdrücke liegen dürfen. Das kann eine einfache Ober- und Untergrenze sein (z.B. 10 bar +/- 10% heißt: alle Ergebnisse müssen zwischen 9 und 11 bar liegen.) Es kann aber auch (nach US-amerikanischem Standard) definiert sein, dass der Mittelwert der Berstergebnisse innerhalb dieses Bereiches liegt. Ausreißer führen nach dieser Definition nicht unbedingt zum Verwerfen des Fertigungsloses. Die erlaubte Streuung kann als „manufacturing range“ gesondert festgelegt werden.

Betriebsdruck

Damit wird die normale Belastung bezeichnet, die eine Berstscheibe aushalten soll, ohne zu bersten. Selbstverständlich muss dieser Wert niedriger als der Berstdruck sein. Er muss einen gewissen Abstand zum Berstdruck haben, um eine ausreichende Lebensdauer der Berstscheibe zu gewährleisten. Wie groß dieser Abstand sein muss, ist abhängig von der Bauart der Berstscheibe (Umkehrberstscheiben sind am resistentesten), von der Betriebstemperatur und von Wechsellasten. Priorität muss bei der Auslegung der Berstscheibe die Garantie des Berstdruckes haben.

Material

Berstscheiben bestehen oft aus verschiedenen Materialien. Entscheidend ist das Material der Berstfolie und der produktberührten Teile. Die Materialien müssen im Zeugnis aufgeführt und auf dem Typenschild erwähnt werden. Darüber hinaus ist von entscheidender Bedeutung, dass der Hersteller das Material chargenbezogen einsetzt und die Rückverfolgbarkeit garantiert. Gängige Materialien für Berstscheiben sind Edelstähle wie SS316L oder 1.4435/1.4571 etc, sowie Nickelwerkstoffe wie Nickel Inconel oder Hastelloy. Auch Titan, Tantal oder Aluminium kommen in besonderen Fällen zum Einsatz. Bei Composite-Berstscheiben wird oft PTFE oder PFA als Dichtfolie verwendet.

Öffnungsverhalten

Reißscheiben reißen meist von der Mitte her auf und bilden ein unregelmäßiges Öffnungsbild. Oft fragmentieren sie auch. Das ist bei gekerbten oder geschlitzten Berstscheiben anders: die Sollbruchstellen definieren das Öffnungsbild – kreisförmig oder in Segmenten. Das Öffnungsverhalten geht in die Berechnung des Abblasequerschnittes ein und beeinflusst damit den Volumenstrom. Fragmentationsfreies Öffnen wird oft aus Sicherheitsgründen gefordert.